Das Ende des Zweiten Weltkriegs in Osterspai
Hier der Bericht von Maria Deisenroth, der auch schon von Karl Bender in seiner „Ortsgeschichte Osterspai“ verwendet wurde:
„Am 19.03.45 begannen die direkten Kampfhandlungen in unserem Gebiet. Der Ort lag von diesem Tage an unter dem Beschuss feindlicher Artillerie von der Fleckertshöhe aus. Später erfolgte Direktschuss von den Höhen des Bopparder Hamms aus. Durch den Ari-Beschuss wurde eine Anzahl Häuser stark beschädigt.
Das zerstörte Haus Reifferscheid in der St.-Martin-Straße
Besonders gelitten hat dabei die Kirche mit einer Anzahl direkter Treffer. Die wertvollen Kirchenfenster, besonders im Chor, wurden ganz zerstört. Bei den Zerstörungen im Innern der Kirche wurde der Hochaltar sehr stark betroffen und konnte nur noch als Torso für den Gottesdienst instandgesetzt werden.
An Todesopfern hatte die Gemeinde Herrn Jakob Helbach und Fräulein Maria Wolf zu beklagen. Frau Elli Helbach wurde durch einen Splitter schwer am Bein verwundet, das Bein musste amputiert werden.
Sehr groß war die Gefahr für die Bewohner durch die ständig kreisenden Tiefflieger, von denen alle Bewegung durch sofortigen Angriff niedergehalten wurde. In der zweiten Märzhälfte spielte sich das ganze Leben, wegen der Gefahr, in den Kellern der Häuser ab.
Das Probsthaus an der alten Burg, nach einem Bombenangriff.
Am 25.03. gegen 6:30 Uhr morgens wurde der Ort von den Amerikanern aus der Richtung des Sportplatzes angegriffen. Die Truppen hatten den Rhein bei Boppard überquert. Die restlichen deutschen Soldaten hatten sich in Richtung Elligstraße zur Höhe hin abgesetzt. Gegen 11 Uhr war der Ort durch die Amerikaner besetzt. Um 11:30 Uhr wurden die Bewohner aufgefordert, die Keller zu verlassen. Nach Durchsuchung der Keller und Häuser, ob sich noch deutsche Soldaten dort aufhielten, zog das Gros der Truppen ab. Die Bewohner mussten gegen 17 Uhr die Keller wieder aufsuchen.
Bei den Kämpfen im Osterspaier Bereich sind vier deutsche Soldaten gefallen, welche auf dem Ortsfriedhof beigesetzt wurden.“
Soweit Maria Deisenroth, aufgezeichnet in Jahr 1959. Weitere Kämpfe gab es in den Wäldern oberhalb des Dorfes auch noch am 26. März 1945. Hierhin waren auch zuvor einige Osterspaier Bürger vor den Amerikanern geflüchtet, sie kehrten aber schon kurz vor dem Einmarsch wieder ins Dorf zurück. Und bei Schloss Liebeneck steht ein Grabstein für Gerhard von Preuschen mit der Inschrift „verwundet 26. März 1945 auf Hof Erlenborn, gestorben 24. Mai 1945“, die genauen Umstände dazu sind jedoch nicht dokumentiert. Die Kämpfe waren schnell beendet und die amerikanischen Soldaten konnten Richtung Berlin weiterziehen.
Damit war der Krieg im Dorf vorbei, 14 Tage später endete mit der deutschen Kapulation der Zweite Weltkrieg in Europa. Deutschland und die von ihm besetzten Teile von Europa waren befreit von der Diktatur der Nationalsozialisten.
Nach dem Einmarsch waren zunächst nur wenige Amerikaner am Rhein verblieben, Bürgermeister Joseph Grothoff wurde bald abgesetzt und Anton Didinger als sein Nachfolger eingesetzt. Die amerikanische Besatzung dauerte bis 7. Juli 1945, als unser Dorf Teil der französischen Besatzungszone wurde.
Doch für viele Osterspaier war der Schrecken des Krieges Ende März 1945 noch lange nicht zu Ende, denn viele Männer waren noch in Kriegsgefangenschaft und insgesamt 29 Soldaten wurden vermisst. Neben diesen Vermissten sind auf der Erinnerungstafel auf dem Friedhof auch die 48 im 2. Weltkrieg gestorbenen Soldaten und die beiden oben genannten zivilen Opfer namentlich genannt.
Gregor Rindsfüßer, Gemeindearchivar